„Irgendwas ist immer“ – Von der hohen Kunst der Akzeptanz & von dem Spiegelei

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„Irgendwas ist immer“ – Von der hohen Kunst der Akzeptanz & von dem Spiegelei

„Irgendwas ist immer!“ Als Postkarte ziert dieser Spruch so manchen Büroschrank oder Schreibtisch. Vielleicht auch Ihren? Der Spruch ist zutreffend, denn er visualisiert, dass es schlicht normal ist, immer wieder auch mit ungeplanten Ereignissen konfrontiert zu werden. Und wer sich dem bewusst ist, den wirft etwas Unerwartetes weniger stark aus der Bahn.

Der kurze Satz allein – und ist er noch so prägnant im Blickfeld positioniert – hilft in der Praxis allerdings den wenigsten Menschen. Wie ist es bei Ihnen? Was passiert, wenn Ihnen unerwartete Dinge widerfahren? Wenn langjährige und lukrative Kunden sich von Ihnen abwenden, weil die Konkurrenz um die Ecke mit schmalem Leistungsumfang, dafür aber mit großem Nachlass ködert? Oder Ihre Führungskraft Ihnen Stress macht, weil manche Aufgaben (angeblich) nicht schnell oder gut genug erledigt werden. Oder Ihr Leistungsträger im Team kündigt und geht zur Konkurrenz? Gelingt es Ihnen, in solcher Situation entspannt zum Tagesgeschäft überzugehen, um in einem Zustand völliger Gelassenheit „irgendwas ist immer“ Ihren Frühstückskaffee zu trinken? Viel wahrscheinlicher ist vermutlich, dass Sie sich ärgern. Vielleicht sind Sie frustriert oder sogar wütend. Möglicherweise empfinden Sie geringe Wertschätzung oder fühlen sich gar persönlich unfair behandelt.

Emotionen – die Würze des Lebens

Sich in solchen Situationen zu ärgern, frustriert oder wütend zu sein, ist psychologisch gesehen die normalste Sache der Welt. Diese Aussage hilft zwar nicht unmittelbar, ist aber dennoch tröstlich. Denn sie zeigt auf: Es ist normal. Wir Menschen reagieren auf Misserfolge, Rückschläge oder Niederlagen nun mal mit negativen Emotionen. Und in der Regel beginnen wir erst deutlich später – nämlich dann, wenn wir erkennen, dass nichts mehr zu ändern ist – die Situation nach und nach zu akzeptieren.

Die hohe Kunst der Akzeptanz besteht darin, den Zeitraum, in dem Wut und Frustration die Oberhand haben, schnell zu verlassen. Sich nach einem überraschenden und unangenehmen Szenario (wie etwa einer Beschwerde über Ihre Arbeitsleistungen) also tatsächlich mit „freiem Kopf“ und voller Energie den Aufgaben zuzuwenden, die in Ihnen positive Emotionen hervorrufen.

Resilienz – Am Anfang steht die Akzeptanz

Akzeptanz ist einer der sieben Schutzfaktoren unserer Resilienz, also unserer psychischen Widerstandsfähigkeit. In vielen Workshops und Coachings ist sichtbar, dass gerade dieser Faktor häufig das schwächste Glied in der Kette der sieben Schutzfaktoren ist. Eine gute Nachricht: wir können etwas dagegen unternehmen und diesen Schutzfaktor stärken.

Aber wie kann man nun daran arbeiten? Hier sind meine Tipps, um unangenehme und überraschende Veränderungen schneller zu akzeptieren:

  • Wenn uns der Atem stockt, wir flach atmen oder hyperventilieren, können wir nicht mehr klar denken. Darum: Steuern Sie die Atmung, indem Sie durch die Nase ein- und durch den fast geschlossenen Mund langsam ausatmen. Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol werden so viel schneller abgebaut. Mehrmals wiederholen. Nichts weiter. Unseren Atem haben wir immer dabei!

  • Emotionen machen uns Menschen aus. Sie gehören zum Leben. Halten Sie sich an der Zuversicht fest, dass diese Gefühle wieder abklingen werden. Vor allem dann, wenn sie konstruktiv daran arbeiten.

  • Zum Beispiel: „Es ist, wie es ist!“, „Dann ist das eben so!“, „Ich weiß, es geht vorbei“.

  • Solche Bilder haben eine große mentale Kraft. Wenn Sie eine geeignete Metapher abrufen können, stärkt es Ihre Akzeptanz und Handlungsfähigkeit. Beispielsweise ein Stehaufmännchen, einen Löwenzahn der (auch zwischen Betonplatten) immer wieder nachwächst, einen Bambus, der biegsam und flexibel jedem Sturm trotz, ein Gladiator der sich durch die Arena kämpft, oder, oder, oder…

  • Versuchen Sie, bewusst die Chance zu sehen, die sich aus der negativen Situation ergibt. Der Kunde hat gekündigt? Vielleicht ist das eine Chance. Sie haben Zeit, sich nun um andere Kunden zu kümmern, die mehr Umsatz bringen (und Sie haben definitiv keine stressigen Telefonate mehr mit dem Kunden, der gekündigt hat). Oder Sie können Ihre eigene berufliche Entwicklung wieder vorantreiben. Ihre Führungskraft macht Ihnen Stress? Vielleicht ist das ein guter Zeitpunkt, um ein klärendes Gespräch über gegenseitige Erwartungen, Wünsche etc. zu führen? Ihr Leistungsträger hat gekündigt? Vielleicht fokussieren Sie einen hoffnungsvollen Potenzialträger in Ihrem Team, den Sie bisher nicht im Blick hatten und den Sie nun entwickeln werden.

  • Fokussieren Sie Ihre Gedanken auf das Bild eines Spiegeleis. Ja, Sie haben richtig gehört. Ein Spiegelei.

Ich möchte gern aufklären, was es damit auf sich hat. Visualisieren Sie also ein Spiegelei.

Das Eiweiß symbolisiert Ihre Interessenzone. Das Eigelb in der Mitte ist die Einflusszone. (siehe auch „Circle of concern“ oder “circle of Influence“ nach Stephen Covey).

Das Eiweiß steht für das, was Sie belastet und für Ihre Interessen. Natürlich möchten Sie die Dinge verändern und nicht einfach akzeptieren. Sie möchten Ihren Kundenbestand entwickeln und keine Kunden verlieren. Sie möchten von Ihrer Führungskraft Anerkennung für Ihre Leistungen, bestmögliche Unterstützung, und Vergütung. Und wenn Ihr Vermieter die Miete erhöht, ohne eine Zusatzleistung zu erbringen, können Sie sich darüber tagelang ärgern …

Aber machen Sie sich bitte klar: All das fällt in Ihren Interessenbereich (das Eiweiß). Es liegt aber gleichzeitig in der Einflusszone eines anderen. Ihr Kunde entscheidet, ob er einen Vertrag abschließt oder vielleicht kündigt. Ihre Führungskraft entscheidet Höhe und Umfang Ihrer Vergütung, der Leistungsträger in Ihrem Team entscheidet, ob er geht oder bleibt und Ihr Vermieter entscheidet über die Anhebung der Miete.

Fokussieren Sie „Ihr Eigelb“. Was können Sie konkret tun? Kleiner Tipp: Die Punkte 1-5 sind alle in Ihrer Einflusszone. Mit freiem Kopf lässt sich dann effektiver unterscheiden, was Sie tatsächlich selbst tun können. Mit dem Fokus auf den eigenen Einflussbereich verlassen Sie die „Opferrolle“. Die Dinge passieren Ihnen nicht. Sondern Sie gestalten aktiv die Dinge. Nebeneffekt: Je konsequenter Sie an Ihrer Einflusszone (dem Eigelb) arbeiten, desto größer wird dessen Relevanz, und der Anteil der reinen Interessenzone (Eiweiß) wird sukzessive kleiner. Sie können daran arbeiten, eine sehr gute Kundenbeziehung aufzubauen, Sie können Ihrer Führungskraft zeigen, wie engagiert Sie sind, Sie können sich weiterentwickeln, um neue Aufgaben zu übernehmen und damit die Führungskraft überzeugen Ihnen mehr Geld zu bezahlen, als Führungskraft können Sie Ihr Bestes tun, damit sich die Leistungsträger bei Ihnen im Team wohl und gefördert und wertgeschätzt fühlen, Sie können mit dem Vermieter sprechen und eigene Sicht der Dinge darstellen oder Sie können einfach eine neue Wohnung suchen und finden. Das ist Ihr Einflussbereich. Die Entscheidungen, die dann die anderen Personen treffen, ist Ihr Interessenzone. Hier hilft die Akzeptanz.

Auch wenn der Weg steinig und anstrengend ist: Es lohnt sich wirklich, an dem Schutzfaktor „Akzeptanz“ zu arbeiten, denn je schneller wir die Dinge akzeptieren, die wir gerade nicht ändern können, desto eher erlangen wir wieder das Gefühl der Kontrolle und der Freiheit.

Lassen Sie sich nicht auf Dauer von Ihren Gefühlen regieren, sondern nehmen Sie das Zepter selbst in die Hand. Konzentrieren Sie sich auf das „Eigelb“ – den “Circle of Influence“, Ihren Einflussbereich.

Bleiben Sie dadurch handlungsfähig und lösungsorientiert. Denn Sie wissen doch: Irgendwas ist immer. 😊

Ludwika Fichte